Pornografie beeinflusst die Beziehung zu Frauen

Nach einer kürzlich durchgeführten Studie kann das Alter, in dem das männliche Geschlecht Pornografie das erste Mal ansieht oder auf andere Weise damit konfrontiert wird, maßgeblich auf die Beziehung und Sexualität zum anderen Geschlecht beeinflussen. Ein Team aus Psychologen der Universität Nebraska präsentierte die Ergebnisse ihrer Studie(1) am 03. August  während des Jahrestreffen der US-amerikanischen Psychologischen Vereinigung (APA American Psychological Association) in Washington…

Das Internet hat dazu geführt, dass heutzutage eine große Vielfalt und Anzahl an pornografischen Inhalten verfügbar ist. Auch für Minderjährigen ist es leider sehr einfach an Pornografie unterschiedlichster Ausprägung zu gelangen. Gerade unter –  aber nicht ausschließlich – männlichen Jugendlichen ist der Konsum von Pornografie im Internet weit verbreitet. Aus einer Studie aus dem Jahre 2008 ging hervor, dass 87% der jungen Männer Pornografie konsumierten, die Hälfte davon einmal wöchentlich.

Eine weitere Studie und deren überraschende Ergebnisse

Einige Forscherinnen aus Nebraska haben in einer neuen Studie 330 Männer im Alter zwischen 17 und 54 Jahren erneut befragt. Unter Anderem wurden sie gebeten, Angaben darüber machen, in welchem Alter sie das erste Mal mit Videos aus dem Hardcore-Genre in Berührung kamen. Danach hatte der Großteil mit 13 Jahren den ersten Kontakt. Insgesamt ermittelten die Wissenschaftler eine Altersspanne von 5 Jahren bis 26 Jahren. 43% der jungen Männer gaben an, rein zufällig damit konfrontiert worden zu sein. 33% suchten absichtlich danach und 17% gaben an, in irgendeiner Weise gezwungen worden zu sein.

Während der Auswertung und Verknüpfung der Daten stießen die Forscher auf den nicht ganz überraschenden Zusammenhang, dass die Entwicklung eines zukünftigen chauvinistischen Auftretens direkt mit dem (frühen) Alter zusammenhängt, in dem man das erste Mal mit Pornografie in Berührung kommt. In Folge dessen wurde von den Psychologen der Zusammenhang zwischen der Darstellung und dem Konsum expliziter pornografischer Inhalte einerseits und zwei sexistischen Verhaltensweisen (der Wunsch, das weibliche Geschlecht kontrollieren und beherrschen zu wollen sowie die Neigung zur sexuellen Promiskuität)  andererseits genauer untersucht.

Mit nun deutlich mehr Überraschung stellten die Forscher fest, dass es umso wahrscheinlich ist, das weibliche Geschlecht bevormunden und kontrollieren zu wollen, je mehr explizite pornografische Darstellungen in jungen Jahren konsumiert wird während der Konsum an pornografischen Inhalten in fortgeschrittenerem Alter eher dazu führt, ein Playboyleben führen zu wollen. Alyssa Bischmann(2), eine der Autorinnen der Studie, betonte, dass sie mit diesen krassen Ergebnissen nicht gerechnet hätte.

Christina Richardson(2), Koautorin der Studie, hob hervor, dass möglicherweise auch andere Faktoren bei der Entwicklung eine Rolle spielen und dass weitere Forschungsarbeit auf diesem Gebiet notwendig seien:

There’s not been a lot research into masculinity and pornography. We don’t have a lot of theories that would explain this unexpected inverse relationship between pornography use and playboy norms.

Faktoren wie zum Beispiel sexuelle Unerfahrenheit, Versagensängste, religiöse Anschauung, die Häufigkeit des Konsum pornografischer Inhalte oder gar die Unwissenheit bezüglich des Unterschiedes zwischen dargestellter Pornografie und realer Sexualität könnten die Entwicklung entscheidend beeinflussen.

Eine plausible Erklärung?

Eine abschließende Frage, die sich aufdrängt ist die, warum Pornografie überhaupt eine derart starke Wirkung auf Jugendliche haben kann. Die Tendenzen, die durch die Forschungsarbeit der Universität Nebraska aufgedeckt werden gehen einher mit der Meinung und den Beobachtungen Cornelia Besslers, Chefärztin der Kinder- und Jugendforensik der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, nach der Jugendliche auch aufgrund des Pornografiekonsums früher mit sexuellen Themen konfrontiert und sexuell aktiv werden. In der Folge wird unter Anderem in Bordellen aufgrund sinkender Hemmschwellen versucht, die Sexualität zu kaufen, die man im Internet sehen und erleben kann wobei die Anzahl minderjähriger Freier in den letzten Jahren drastisch zugenommen habe. Ebenso die Perversitäten, die junge Freier einkaufen wollen.

Sefika Garibovic, schweizer Sozialpädagogin und Expertin für Nacherziehung, sieht die Schuld an den Bordell-Besuchen der Minderjährigen vor allem bei den Eltern, die zu wenig Zeit mit ihrem Nachwuchs verbringen und nicht ausreichend kommunizieren. Garibovic mahnt

… es könne nicht sein, dass Jugendliche von Lehrern mit Plüschtieren über Sexualität unterrichtet würden….

und

…das Verhalten der betroffenen Jugendlichen sei nicht angeboren: Teenager aus bestem Haus gehen ins Puff…

Es hat den Anschein, dass Sexualität und Pornografie nach wie vor aufgrund Unsicherheit oder Beklommenheit in Schulen oder Elternhäusern tabuisiert werden und weder Eltern und Schulen rechtzeitig und in ausreichendem Maß Aufklärung betreiben.  Es geht heute nicht mehr nur darum, die nackten biologischen Aspekte von Sexualität zu unterrichten, über die Vermeidung einer Schwangerschaft zu dozieren, sondern auch darum, glaubwürdig und unvoreingenommen über die verschiedenen psychologischen Aspekte, doch vor allem über die Gefühle von Mann und Frau zu sprechen.

Der Einwand Garibovics, dass Aufklärung insbesondere von Experten durchgeführt werden müsse bedeutet insofern ein Schuss nach hinten, da Kinder nicht verstehen werden, warum Eltern sie zwar gezeugt haben, aber offensichtlich nicht darüber reden können wie und weshalb sie es getan haben. Gerade Garibovic, die viel mit Problemkinder zu tun hat und darauf aufmerksam macht, dass die Wertschätzung von Kindern sich selbst gegenüber erheblich vom elterlichen Zuspruch oder im Speziellen, von deren Fähigkeit zur Kommunikation abhängt, sollte wissen, dass Sexualität durch das Hinzuziehen von Experten auch weiterhin geheimnisumwittert und das Tabu in der Gesellschaft aufrecht erhalten bleibt.

Vielmehr muss es darum gehen, das Tabu der Sexualität in der Gesellschaft endlich und allgemein zu entmystifizieren.


(1) http://apps.apa.org/convsearch/article.aspx?id=171638&type=abstract
(2) http://news.unl.edu/newsrooms/today/article/boys-and-porn-researchers-find-age-of-first-exposure-linked-to-sexist/

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