Der darwinistische Kampf der Kulturen

Er hat längst begonnen. Und schreitet voran. Der Verrat und Verlust von unseren eigenen Werten. …

Die Folgerung des russischen Schriftsteller Fjodor Michailowitsch Dostojewski, dass alles erlaubt sei, wenn Gott nicht existiere benutzte Jean-Paul Sartre, Philosoph und Atheist, als Ausgangspukt für seinen Existentialismus. Dostojewskis Aussage kann auch so interpretiert werden, dass moralische Regeln ihre Geltungsbasis verlieren, wenn der Ursprung der moralischen Regeln nicht mehr existiert, Gott in Frage gestellt und schließlich ad absurdum geführt wird.

Nach dem Biologen Hans Mohr besitzen wir Menschen von Geburt an eine Art genetisch verankertes Fail-Safe-System, um im richtigen Moment die moralisch richtige Entscheidung zu treffen. Obschon Einflüsse unnatürlicher Vorgaben wie durch Erziehung, Religion und Ideologie im Allgemeinen, Verhaltensweisen hervorrufen können, die dem natürlichen Instinkt widersprechen und zu einer gewissen empathischen Ambivalenz führen.

Der Religionswissenschaftler Michael Blume stellte im Kontext der aktuell tobenden Auseinandersetzungen zwischen Kreationisten und Neoatheisten, Evolution und Religion, die Frage, ob wir eigentlich noch um Wahrheit ringen oder es der Einfachheit halber nicht vorziehen, uns in Filterblasen und Echokammern zurück zu ziehen und gegenseitig Bestätigung zu zusprechen(1).

Zu guter Letzt sind Neoatheisten wie der streitbare Neurowissenschaftler Sam Harris davon überzeugt, dass ein Wertesystem auch durch die Wissenschaften entspringen könnte und man schließlich weder Religion noch Gott benötige. Harris missachtet und verleugnet an dieser Stelle, die eminente Bedeutung von Religion und Glaube in der Entwicklung des Menschen (Anthropologie, Scott Atran). Anerkannt sind Harris Ansichten in dem Sinne, dass sich eine universelle Normativität ergäbe, bislang nicht.

Spätestens hier sollte klar sein, dass wir uns an einem Scheideweg befinden. Erst recht nachdem das, was gemeimhin als der Westen bezeichnet wird auf einen Islam trifft, der von vielen weniger verstanden denn als Feindbild instrumentalisiert und angesehen wird. Objektivität scheint uns genauso abhanden gekommen zu sein wie die Bedeutung des Wertes der Freiheit.

Über Freiheit sagte Sartre

…das Paradoxe unserer historischen Situation besteht darin, dass unsere Freiheit heute lediglich der freie Entschluss sei, die Freiheit zu erkämpfen…

In weiten Teilen Europas wird dieser freie Entschluss, diese Freiheit, per Gesetz aberkannt. Der Konformismus mit unserer eigenen Kultur, der Kultur der westlichen Welt wird höher gestellt, als die Freiheit sich innerhalb unserer Kultur frei bewegen zu können. Es gilt weniger, unsere Werte zu achten, denn an- und zu übernehmen. Etwas wofür insbesondere die USA seit Ende des Zweiten Weltkrieges gekämpft hat. Auch aus der Angst vor einem Dominoeffekt im südostasiatischen Raum heraus.

Katia Murmann vom schweizer Boulevardblatt Blick schrieb im März 2017(2)

…Die Burka in der westlichen Welt ist kein religiöses Symbol. Auch kein Zeichen der Unterdrückung. Sondern ein Zeichen der Abschottung und der Ablehnung zentraler westlicher Werte […]  Aber es ist gut, wenn die Politik ein Zeichen setzt – dass ihre Art von Abschottung keinen Platz hat in unserer freien, demokratischen Gesellschaft….

Einmal davon abgesehen, dass die Burka in der westlichen Welt durch den Islam als eben das kommuniziert und verstanden wurde, was Murmann abstreitet und die originäre Verwendung der Burka in den Ursprungsgebieten hierzulande weitaus weniger bekannt ist (wenn es auch zum allgemeinen Verständnis entscheidend beitragen könnte) so stellt sich die Frage, was heutzutage angesichts der erwähnten Uneindeutigkeit des heutzutage vermittelten Ursprunges zentrale westliche Werte sind. Gemessen daran, welche Werte per Gesetz beschnitten oder gar abgesprochen werden.

Insbesondere den Gegengesellschaften. Ein Terminus, der gewiss nicht durch den österreichischen Integrations- und Außenminister Sebastian Kurz ersonnen wurde, von ihm jedoch in eben jener subtil-rechtspopulären Weise gebraucht wird, die das morbide Schutzbedürfnis der gebeutelten, sich im Kern selbst in Frage stellenden, westlichen Lebensart auf geradezu obszöne Weise offenlegt.

Bei der ganzen schamlosen Diskussion muss ich immer öfter an meine Kindheit denken. Vor allem an jene stets freundlich lächelnden, immer gut gelaunten, dunkelhäutigen Betreuerinnen im Kindergarten. Ihre Namen waren Schwester Stella-Maria und Schwester Josina.

Und ich erinnere mich, dass ich sie dafür bewunderte, selbst bei sengender Hitze in ihren Habit eingehüllt zu sein und es sich trotz allem nicht nehmen ließen, mit uns Fußball zu spielen. Es ist diese Art der Ungezwungenheit, Unverklemmtheit und Unbekümmertheit, die das Leben überaus würdevoll und wertevoll werden ließ.



(1) http://scilogs.spektrum.de/natur-des-glaubens/ringen-wir-noch-um-wahrheit-evolution-religion-debatten-in-postfaktischen-zeiten/
(2) http://www.blick.ch/news/politik/das-meint-blick-ein-zeichen-gegen-die-abschottung-id6454030.html

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